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Wut auf Lehrer!?

Es ist so schön einfach wütend zu sein. Die Schüler sind auf die Eltern wütend, die Zuhause das Home Schooling betreuen. Die Eltern sind auf die Lehrer wütend, die sich nicht melden, quantitativ zu viele Aufgaben schicken, unpassende Formate anbieten. Die Lehrer sind auf Kollegen, Schulleitungen und das Ministerium wütend. Die Gesellschaft ist auf die „faulen“, „trägen“ Lehrer wütend und auf die nicht zeitgerechte Bildungslandschaft in Deutschland.

Die eine Mutter ist auf die andere wütend, weil es dort im Home Office und Home Schooling besser klappt. Der andere Vater ist auf seine Frau wütend, weil diese mehr Geduld mit den Kindern Zuhauf im Lockdown hat.

Wut!

Wut ist so schön einfach!

Sie nimmt mir meine eigene Verantwortung, weil ja immer jemand anderes Schuld ist, auf den ich wütend sein kann.

Wut!

Wut verdeckt meine eigene Angst, nicht genug zu sein, nicht genug zu leisten, abgehängt zu werden, verurteilt von Außen.

Wut!

Verdeckt unsere Unsicherheit über die Zukunft, wie es mit und nach der Pandemie weiter geht.

Wut! 

Übertönt die Zweifel, ob das, was ich tue richtig ist! Ob meine Kinder noch mitkommen schulisch oder abgehängt werden? Ob wir finanziell diese Krise überstehen? Ob ich meinen Beruf weiter ausüben kann? Ob mein Kindergartenkind Entwicklungsrückstände hat? Ob meine Ehe diesen Druck übersteht? Ob meine Eltern, die Großeltern gesund bleiben? Ob der Lockdown meinen Sohn Medien süchtig macht?

Ich wollte Anfang der Woche aus meiner eigenen Wut heraus einen Artikel schreiben, in dem es um den Shit-Storm gegen Lehrer geht. Ich wollte darin beschreiben, wie ich mich teilweise „fremd schäme“, weil Kollegen und Kolleginnen ihren Job nicht machen so wie ich es mir vorstelle. Das die Eltern in den sozialen Medien teilweise wirklich Recht haben, dass sie sich überfordert und im Stich gelassen fühlen von den Schulen, den Lehrern ihrer Kinder und der Politik.

ABER

Warum sollte ich auch in diese Kerbe schlagen? Ist nicht schon genug Unmut und Wut da draußen? Was bringt es, diese negative Spirale weiter anzutreiben? Ja, es gibt viel Ungerechtigkeit und manchmal ist es kaum zu ertragen! Aber ich möchte das Licht, das Positive in den Situationen sehen und dies meinen Kindern und Schülern vorleben. Der Glaube und die Hoffnung, dass alles sich zum Guten wendet und jeder sein Bestes und Mögliches gibt. Anstatt mit dem Finger auf andere zu zeigen, frage ich mich, was ich täglich tun kann. Ich möchte nicht über einzelne Menschen urteilen und verurteilen, ohne „7 Jahre in ihren Schuhen“ gelaufen zu sein. Ich weißt nicht, welche sehr persönlichen, individuellen Gründe dahinter liegen, warum der ein oder andere Kollege oder die ein oder andere Kollegin die Bedürfnisse ihrer Schüler:innen nicht wahrnimmt oder selten bis kaum erreichbar ist.

Wenn wir hart über andere urteilen, dann urteilen wir auch über uns selbst. Wenn wir keine Empathie für unsere Mitmenschen haben, dann fehlt es auch an Mitgefühl für die eigenen Bedürfnisse. Aus einem inneren Mangel heraus, meiner eigenen Überforderung fange ich an über DIE LEHRER, DIE SCHULE, DIE GESELLSCHAFT zu lamentieren. Ich binde so Energie mit meiner Wut und der Beschäftigung mit meinen negativen Gedanken, die ich fei hätte für gute Selbstfürsorge oder eine gute Beziehungspflege zu meinen eigenen Kindern oder dem Partner, der Partnerin.

Ich bin dann nicht aktiv, sondern passiv in meiner Wut gefangen!

Wut!

Wut macht krank, einsam. Und das ist doch gerade das, was wir nicht wollen!

Wut!

Wut könnte ein Antreiber sein, sich mit den eigenen Themen auseinander zu setzen und an einem selbst zu arbeiten.

Wut!

Wut könnte sich in Kreativität wandeln, in dem man da ansetzt, wo es in der Gesellschaft fehlt. Anstatt wütende Posts und Mails zu schreiben, könnte man konkret Angebote online machen in seiner Umgebung, um benachteiligte Familien oder Kinder zu unterstützen. Es gibt zum Beispiel einige rüstige Rentner, die sich anstatt sich in den „Querdenkern“ zu vergraben zusammen tun und online über Internet-Plattformen Vorlesestunden anbieten.

Wut!

Macht blind! Ich sehe nur, was ich sehen will!

Deshalb habe ich mich entschieden, in den sozialen Netzwerken Gruppen zu verlassen, in denen nur gehetzt und gejammert wird. Und das waren viele Elterngruppen und Lehrergruppen! Jeder hat sich gegenseitig beschuldigt! Ich fokussiere mich auf positiven Input, mutmachende Beiträge und siehe da, ich bekomme tollen Input vor allem im „Instagramlehrerzimmer“, wo ich geniale, wunderbare Kollegen und Kolleginnen treffen kann, die Schule als Beziehungsarbeit ansehen, sich austauschen und aushelfen mit Ideen und Material, Methoden zum Distanzlernen und einer guten Portion Motivation.

Wut!

Ich entscheide. Jeden Tag neu! Dafür oder dagegen!

Ich entscheide, aus der WUT MUT zu machen!

Heute!

Und immer wieder:

MUT, MUT, MUT!

Für was entscheidest du dich?

Herzlichst, deine Kirsten

2 Gedanken zu „Wut auf Lehrer!?“

  1. Ein schöner Text!
    Ich bin auch der Meinung, dass es uns schlicht auch nicht weiterbringt und die Sache nur unnötig noch schwerer zu machen, wenn wir einfach nur noch wütend sind. Lieber konstruktiv rangehen – auch wenn das natürlich am einen Tag besser funktioniert, als an anderen.
    Viele Grüße, Becky

    Gefällt 1 Person

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