
Um auf seine inneren Ressourcen acht zugeben, bedarf es einer aufmerksamen Wahrnehmung der eigenen Grenzen. Obwohl ich das theoretisch weiß und seit Jahrzehnten mit Hilfe von Meditation und Yoga versuchte, hier achtsam hin zu spüren, gelingt es mir teilweise erst jetzt.
Die Stimmen im Kopf und die eigene Stimme
Ich erinnere mich, dass ich als Kind sehr oft zu hören bekam: „Jetzt esse den Teller noch leer!“, „Die paar Schritte kannst du auch noch laufen!“, „Ist doch nicht so schlimm, du brauchst nicht zu weinen!“, „Zieh jetzt eine warme Jacke an!“ … Immer und immer wieder wurde mir von Außen gesagt, was ich empfinden oder denken sollte. Aufgrund der starken Persönlichkeiten in meinem direkten Umfeld hörte diese Konditionierung im Jugend- und Erwachsenenalter nicht auf. Mir fiel es natürlich selbst schwer, hier Grenzen zu ziehen und zu sagen: „Stop! Das will ich so nicht! Ich will … Ich brauche … Ich wünsche … Ich bin …!“.
Heute versuche ich es mit den Menschen, mit denen ich lebe und arbeite anders zu gestalten. Wenn ich mich wohl und authentisch in meiner Haut fühle, für mich gesorgt, auf meine eigenen Grenzen geachtet habe, dann beobachte ich und frage anstatt überzustülpen. Halte Raum für die Grenzen der anderen und begleite die Kinder dabei, selbst zu fühlen, was sie brauchen und wollen. Mein jüngster Sohn (4 Jahre) ist immer voller Energie und Hitze, wenn andere Kinder in Winterjacke und Mütze laufen, zieht er die Schuhe und Strümpfe aus um im kalten Matsch barfuss zu springen. Auch scheinen ihn zu viele Kleiderschichten einzuschränken. Ich halte Kleidung bereit, aber zwinge ihn nicht, mehr anzuziehen. Er sagt selbst: „Mir ist nicht kalt!“ oder „Jetzt ziehe ich mir aber was Warmes an!“ Und wirklich, wenn ich selbst friere und seinen Nacken berühre, merke ich, dass ihm warm ist und er einfach ein anderes Temperaturempfinden hat beziehungsweise da sehr „robust“ scheint und selten erkrankt.
Die Sätze aus der Kindheit manifestierten sich und streuten in viele Bereiche meines erwachsenen Lebens aus. Oft fühlte ich mich auch getriggert von Menschen in meinem Umfeld, die sehr gut auf ihre Grenzen achten können. Ich bewunderte KollegInnen, die einfach „Nein!“ sagen konnten, wenn man ihnen noch ein Projekt aufdrücken wollte. Ganz besonders unverständlich war mir oft das Verhalten vom Vater meiner Kinder, der in vielen Situationen sehr gut seine Grenzen wahrnimmt und dann auf sich achtet, in dem er ausruht, sich eine „Auszeit“ nimmt und im Wald wieder auftankt. Ich reagierte dann mit Unverständnis oder Wut, dabei bewunderte ich im Stillen, dass er so achtsam mit sich umgehen kann.
Bewusst mit den Grenzen umgehen
Nun, oft hätte ich es ihm gleich tun können, aber im Zusammenleben mit 3 Kindern muss dann häufig eine Bezugsperson doch über ihre Grenzen gehen. Aber danach ist es wichtig, seinen „Speicher“ wieder aufzufüllen und auf sich zu achten. Diese Woche gab es einen Tag, da wusste ich morgens sofort, dass ich meine Grenzen der Belastbarkeit und meine Nerven überstrapazieren würde. Aber ich nahm es an und wusste sogleich, dass der Tag danach „mein Tag“ werden würde mit Ruhe, Meditation und nährenden Kontakten. Ich bereitete mich morgens auf vor, indem ich meinen Akku mit einer Meditation und viel heissem Wasser auffüllte. Ich erinnerte mich, im Laufe des Tages inne zu halten und zu atmen, Yogi Tee statt Kaffee und frische, grüne Nahrung statt Junkfood bereit zu halten. Und so verlief der Tag ohne emotionale Dramen!
Am Tag danach wurde ich sehr herausgefordert, auch wirklich nun für mich zu sorgen. Plötzlich wollten viele Menschen in meinem Umfeld Zeit mit mir verbringen, alle hatten andere Erwartungen und Bedürfnisse. Dieses Mal klopften die Schuldgefühle nur kurz an, dann war klar, dass ich liebevoll und bestimmt mein Bedürfnis nach Alleinsein und Ruhe kommunizieren konnte.
An mach einer Stelle stieß ich auf Widerstand und Unverständnis, wie ich es mir herausnehmen könnte, Verabredungen abzusagen, einfach Zuhause zu bleiben und „nichts“ zu tun. Aber es traf mich nicht, denn es erinnerte mich daran, dass auch ich oft persönlich reagierte und es nicht verstand, dass man sich in solchen Momenten nicht gegen jemanden, sondern für sich selbst entscheidet.
In Beziehungen aller Art ist dies immer wieder ein Thema und als Erinnerung stelle ich mir immer das Bild eines Brunnens vor, dessen eine Schale gefüllt sein muss, um den anderen Schalen etwas abzugeben. So bleiben Fülle und Fluss erhalten!

Um meine eigene Stimme besser zu hören, gehe ich täglich in die Natur und erde mich mit jedem Schritt. Es reichen schon 15 Minuten nach der Arbeit um wieder mir selbst lauschen zu können. Außerdem praktiziere ich Meditationen aus dem Kundalini Yoga und der Sat Nam Rasayan Tradition, um mein Unterbewusstsein zu reinigen, mein Nervensystem zu stärken und auch der „Stimme“ (Impulsen) des Universums besser folgen zu können. Die Klarheit, die sich dabei einstellt hilft mir dann auch in Situationen und Momenten, an denen ich meine Grenzen doch überwinden muss: Weil ein „Darüber gehen“ manchmal gebraucht wird, zum Beispiel um Verantwortungen nachzukommen oder um spirituell zu wachsen.
Cool weiter so
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Lieben Dank 😊
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